Zu der Zeit, als die mittelalterliche Machtstellung des Papstes in Innozenz III. ihren Höhepunkt erreichte, verließ der leichtlebige Sohn eines reichen Kaufmanns in Assisi (Umbrien in Italien) Besitz und Familie. Getroffen von den Worten des Evangeliums Jesu, wählte er ein Leben in radikaler Armut und Freiheit. Ein Traum zeigte ihm, dass es an ihm sei, die einstürzende Kirche zu halten - was er zunächst wörtlich auf einen Kapellenbau bezog. Wie er wählte seine Freundin Klara ein Leben in Armut. Aus den Anhängern, die sich bald um sie scharten, wurde die Ordensfamilie der Franziskaner und Klarissen. Anders als Reformbewegungen der Zeit, die im Bruch mit der Kirche und in Verfolgung endeten, wurde die Bewegung des Franziskus zu einer Reformkraft von innen. |
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Die Quellen überliefern noch die spannungsvolle Gestalt des Franziskus: Witzig, unkonventionell und kritisch, Armen und Aussatzkranken verbunden - und zugleich gehorsam gegenüber der kirchlichen Obrigkeit. Voll Liebe für die Natur und alle Kreaturen, seine "Geschwister" - und zugleich hart gegen den eigenen Leib: Franziskus starb mit den Wundmalen Christi an seinem Leib. | |
Gepriesen sei du mein Herr mit allen geschaffenen Wesen, Aus dem Sonnengesang des Franziskus von Assisi |
Über dem kleinen Steinhaus, das sich Franziskus mit eigenen Händen baute, um sich zur Meditation zurückzuziehen, errichtete der Papst die Kirche Santa Maria degli Angeli. Die Basilica di San Francesco wurde durch Giotto mit weltberühmten Fresken ausgemalt. In der Kirche Santa Chiara liegt der unverweste Leichnam der Freundin des heiligen Franz in einem Glassarg: in ihre Hände werden immer frische Blumen gelegt. Assisi wurde in den letzten Jahren von schweren Erdbeben heimgesucht, die die ganze mittelalterliche Stadt, auch die Kirche mit Giottos Fresken, in große Mitleidenschaft zogen; das Aufbauwerk ist noch zugange. Assisi ist nicht nur ein katholisches Pilgerziel: Franziskus, den ein Papst einen "zweiten Christus" nannte, vereint Christen aller Konfessionen. Und darüber hinaus: Die sanfte Landschaft von Umbrien, die Naturfrömmigkeit und Gewaltlosigkeit dieses christlichen Heiligen lässt auch Nichtchristen ihren Weg nach Assisi finden. Hier fanden die Friedensgebete des Papstes statt, bei denen sich zum ersten Mal Vertreter aller Weltreligionen mit dem Oberhaupt der katholischen Kirche als Pilger in Assisi versammelten und zur gleichen Zeit den Himmel um Frieden baten. Das kleine Assisi ist zu groß für eine Religion: Es gehört der Welt. |
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(c) 2002 Ulrich Sander