O Oriens, aufgehende Sonne, Glanz unvergänglichen Lichts, Sonne der Gerechtigkeit. Komm, o Herr, und erleuchte uns, die wir sitzen in Finsternis und im Schatten des Todes Gepriesen sei der Herr, der Gott Israels! Denn er hat sein Volk besucht und ihm Erlösung
geschaffen.
Aus dem Evangelium des Lukas 1,68-75.78-79 |
Orientierung bedeutet wörtlich: "Aufsuchen der Ostrichung". Osten als die Himmelsrichtung der aufgehenden Sonne (sol oriens), markierte die wichtigste Himmelsrichtung der alten Welt. Der Orient erscheint Europäern als Raum der aufgehenden Sonne - im Unterschied zum Okzident, dem Raum
der untergehenden Sonne (sol occidens), von Martin Luther als "Morgenland" und "Abendland" übersetzt.
Alle uns heute prägenden religiösen Überlieferungen haben ihren Ursprung im Fernen oder Nahen Osten: Wie das Judentum und der Islam ist auch das Christentum ein Kind der "aufgehenden Sonne". Die Wahl der Zeit der Wintersonnenwende für das Fest der Geburt Jesu Christi verdankt sich nicht historischen Notizen, sondern der Symbolik der Sonne: Im Altertum bereits Festzeit der vergöttlichten Sonne, in Syrien als "Baal Schamem" ("Himmelsherr"), in Rom als "Sol invictus" ("Unbesiegte Sonne") im Dezember verehrt, widmeten Juden und Christen mit dem Chanukkafest und dem Weihnachtsfest diese Zeit ihrem Glauben an die Gegenwart Gottes in finsterer Zeit: im Tempel von Jerusalem beziehungsweise im Menschen Jesus. Meine Augen haben das Heil gesehen, das du vor allen Völkern bereitet hast,
Aus dem Evangelium des Lukas 2,30-32 |
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