Bischof Nikolaus



Nikolaus ist der Heilige, der die Nächstenliebe als Mitte des christlichen Glaubens am volkstümlichsten verkörpert. Bischof von Myra, einer Stadt in Kleinasien im vierten Jahrhundert (heute Demre in der südlichen Türkei), wurde Nikolaus auch zum Heiligen, dessen Verehrung die Ostkirche und die Westkirche miteinander verbindet. Die Nikolaus-Ikone aus dem Sinaikloster auf der rechten Seite stammt aus dem dreizehnten Jahrhundert: Sie stellt Nikolaus als intelligenten und energischen Mann dar, gekleidet in die bischöflichen Gewänder. Der heilige Bischof Nikolaus auf einer Ikone des Katharinenklosters in der Wüste Sinai aus dem dreizehnten Jahrhundert


Der 6. Dezember gilt als der Tag der Beisetzung des heiligen Bischofs, von dem zahlreiche Legenden überliefert sind.

Die Legende von den drei goldenen Äpfeln

Es wird erzählt, daß der junge Nikolaus Erbe eines großen Vermögens war. In seiner Heimatstadt gerieten ein ehemals vornehmer Mann und seine drei Töchter in große Armut. Dem Vater fehlte nicht nur die Mitgift, um seine Töchter ihrem Stand entsprechend zu verheiraten. Am Ende erwartete die drei jungen Frauen die Aussicht, um ihr bloßes Überleben zu sichern, sich selbst auf der Straße anzubieten. Ihr Schicksal wendete sich in drei aufeinander folgenden Nächten, in denen den schlafenden Töchtern durch die Fenster ihres Hauses je ein Batzen Geld zugeworfen wurde. In der dritten Nacht entdeckte der Vater den unbekannten Wohltäter: den Erben Nikolaus. Die Legende weiß vom Geschenk des Nikolaus zu berichten: Es waren drei goldene Äpfel.

Die Legende vom Kornwunder

Es wird erzählt, daß zur Zeit, als Nikolaus Bischof von Myra in Lykien war, eine bittere Hungersnot die Stadt heimsuchte. Der Bischof erfuhr, daß im Hafen der Stadt Schiffe mit großen Mengen Getreides angelegt hatten, und beschwor die Besatzung der Schiffe, mit ihrer Ladung das Leben der Stadt und ihrer Bewohner zu retten. Die Schiffsleute aber zögerten, von dem Getreide abzugeben, da es sich um genau abgewogene Mengen für die kaiserlichen Scheuern in Konstantinopel handelte. Als der Bischof versprach, daß sie an ihrer Hilfe selbst keinen Schaden nähmen, willigten sie ein und leisteten die erbetene Hilfe. Die Legende erzählt, daß das geteilte Korn den Einwohnern von Myra zwei Jahre zum Überleben reichte und als Saatkorn von neuem aufging. Und sie erzählt, daß den Schiffsladungen nichts an Gewicht fehlte, als sie die kaiserliche Hauptstadt erreichten.

Die Legende von den drei Feldherren

Es wird erzählt, daß zur Zeit Kaiser Konstantins drei Feldherren mit einem Schiff Soldaten unterwegs waren, um im kaiserlichen Auftrag Aufstände in Phrygien niederzuschlagen, vom Wind aber nach Lykien getrieben wurden, wo sie in einem Nachbarort von Myra, der Stadt des Bischofs Nikolaus, landeten. Als der Bischof von der Ankunft des Schiffes erfuhr, eilte er herbei, um Reibereien zwischen den Einheimischen und den unversehens angekommenen Soldaten zu verhindern. Als Gäste des Bischofs in Myra werden die drei Offiziere Zeugen, wie Bischof Nikolaus dem bestechlichen Gouverneur der Provinz Widerstand leistet: Eigenhändig reißt er einem Scharfrichter das Schwert aus der Hand, als der drei unschuldig zum Tode Verurteilte hinrichten soll. Die Legende erzählt, daß jene drei Offiziere, nach ihrer Mission in die Hauptstadt zurückgekehrt, selbst Opfer einer Intrige von Höflingen wurden und der verführte Kaiser Konstantin sie zum Tode verurteilen wollte. Im Kerker riefen sie im Gebet den Bischof von Myra um seine Hilfe an. Und tatsächlich sei noch in dieser Nacht dem Kaiser und seinen Höflingen der Bischof von Myra im Traum erschienen und habe zornig vor der Hinrichtung der drei Feldherren gewarnt. Am Morgen habe Konstantin ihre Freilassung verfügt und sie mit kaiserlichen Geschenken auf den Weg nach Myra geschickt, um dem bischöflichen Lebensretter zu danken.

Die Legende von den drei fahrenden Schülern

Es wird erzählt, daß drei wandernde Studenten auf dem Weg nach Athen, dem Sitz der philosophischen Akademie, durch das Land des Bischofs Nikolaus kamen. Unterwegs kehrten sie in einer Herberge ein. Als nun der Gastwirt bemerkte, daß die drei Scholaren über eine gut gefüllte Reisekasse verfügten, überfiel er die schlafenden Schüler, tötete und zerstückelte sie und legte sie, geradeso, wie man es mit geschlachteten Schweinen macht, in Salzfässer ein. Die Legende erzählt, daß Bischof Nikolaus, von einem Engel Gottes in Kenntnis des Verbrechens gesetzt, die Herberge aufgesucht und dem Gastwirt seine Untat auf den Kopf zugesagt habe: Die Schüler aber erweckte er durch seine Fürbitte bei Gott wieder zum Leben.



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